Der Industrial Stil setzt sich immer mehr durch. Wer ein wenig handwerklich geschickt ist, kann diesen Stil mit wenig Geld umsetzen.
Wohnen ist Ausdruck des eigenen Geschmacks, der Lebenseinstellung, des Stils. Schließlich möchten wir uns in den eigenen vier Wänden wohlfühlen und die eigenen Vorstellungen von Einrichtungskultur zum Ausdruck bringen. Dabei ist der Industrial Stil zu einem wahren Trendsetter geworden. Diese Einrichtungsart bleibt nicht unbeachtet und polarisiert in jedem Fall. Klare Formen, robuste Materialien, natürliches Mauerwerk und viel Raum sind die Eckpfeiler dieses Wohntrends. Wie sich der Industrial Stil auch in kleineren Wohnungen umsetzen lässt und wie es gelingt, einen Kompromiss zu einer gemütlichen und wohnlichen Einrichtung zu finden, erfahren Sie nun.
Ein Trend wird geboren
Noch vor wenigen Jahren wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, dass aus dem Industrial Stil einmal ein Einrichtungstrend werden könnte. Wahrscheinlicher wurde dies erst, als damit begonnen wurde, alte Fabrikhallen zu Wohnungen umzubauen. Der offene Loft-Charakter, unverputzte Wände und Gegenstände aus Metall rückten plötzlich in den Fokus der Wohnkultur.
Zu einem Einrichtungsstil etablieren konnte sich der Industrial Stil im New York der 1980er Jahre. Wohnraum war teuer, die Stadt wild, unkonventionell und im Aufbruch begriffen. Warum also nicht alten Fabriken neues Leben einhauchen und dabei vorhandene Materialien und Einrichtungsgegenstände nutzen. Werkbänke wurden zu Tischen, an denen alte Drehstühle aus Metall ihren Platz fanden. Die Backsteinwände wurden im Rohzustand belassen. Das Interieur wurde durch Paletten, Holzkisten oder alte Metallgegenstände ergänzt. Später mischten sich ausgesuchte Designerstücke darunter.
Daraus entstanden die bis heute markanten Kennzeichen des Industrial Stils:
- weiter Loft-Charakter
- unverputzte Wände
- Betonböden
- preiswerte Fundsachen
- ausgesuchte Design-Klassiker
Passt dieser Stil zu mir?
Sicher wird sich nicht jeder für den Industrial Stil sofort restlos begeistern können. Wenn Sie …
- … nach etwas Ausgefallenem suchen
- … wenig Interesse an Möbelhauskatalogen finden
- … von alten Fabrikgebäuden magisch angezogen werden
- … sich als Hobbyhandwerker gern nützlich machen
- … im Allgemeinen einem lockeren und unkonventionellen Stil folgen
werden Sie sich vermutlich für diesen Trend begeistern können.
» Tipp: Kompromisse sind erlaubt. Sie dürfen zunächst mit einigen wenigen Einrichtungsgegenständen experimentieren und so herausfinden, ob der Industrial Stil zu Ihnen und Ihrer Wohnung passt.
Viel Raum, viel Licht
Helle, loftartige Wohnräume bieten dem Industrial Stil eine Bühne. Bereits beim Betreten eines großen Raumes mit hohen Decken und riesigen Fensterfronten werden wir an eine Fabrikhalle erinnert und genau hier liegt der Ursprung des Wohntrends. In Werkhallen, Lagerräumen und Garagen gab es keine Trennwände, alle Wohnbereiche wurden miteinander vereint.
Diese Wohnsituation wird nun wahrscheinlich den wenigsten unter uns entsprechen. Doch der Industrial Stil lässt sich auch in kleineren Wohnungen umsetzen, ohne dass Wände eingerissen werden müssen. Es geht dabei einfach darum, sich auf einige ausgewählte Möbelstücke zu beschränken und Abstand von übermäßiger Deko und überflüssigem Beiwerk zu nehmen.
» Tipp: Klare Strukturen ohne viel Schnickschnack bringen Weite und Offenheit in jeden Raum.
Probieren Sie es aus. Je weniger im Raum steht, umso größer und weiter wirkt dieser. Weniger ist hier eindeutig mehr. Beschränken Sie sich auf eine Couch oder in kleineren Räume vielleicht sogar nur auf einen Sessel. Räume lassen sich so gut gliedern und in verschiedene Bereiche einteilen.
Erfinderisch werden
Sie haben sich für eine Einrichtung im Industrial Stil entschieden? Dann werden Sie vermutlich gewisse Einschränkungen machen müssen. Es sei denn, es handelt sich um Wohneigentum, welches Sie nach Lust und Laune verändern und gestalten können.
Dem Vermieter werden sich vermutlich die Nackenhaare aufstellen, wenn Sie ihm von dem Vorhaben berichten, den Putz von den Wänden zu hacken und den Fußboden zu betonieren.
» Tipp: Gegen Tapeten, die unverputztes Mauerwerk simulieren, wird kein Vermieter etwas einwenden können.
Erfindergeist ist beim Industrial Stil gefragt. Es gilt, alte Einrichtungsgegenstände umzufunktionieren. Dabei ist es natürlich von Vorteil, etwas handwerkliches Geschick mitzubringen. So kann eine alte Werkbank schnell zum Esstisch werden. Ein Spind lässt sich zum Geschirrschrank umfunktionieren. Alte Lampen und Metallstühle werden aufbereitet und schon ist der Einrichtungstrend perfekt umgesetzt.
» Tipp: Für weniger Kreative und handwerklich Begabte lohnt der Weg in das nächste Einrichtungshaus. Auch hier ist der Industrial Stil längst angekommen und das Sortiment kann sich sehen lassen.
Klare Linien – unverkennbarer Ausdruck
Den Industrial Stil kennzeichnen klare Linien. Schnörkel und aufwendige Dekorationen sind hier fehl am Platze. Bei den Einrichtungsgegenständen wird statt auf eine auffällige Optik auf Funktionalität gesetzt.
Es gilt, Elemente herauszuarbeiten, welche in “normalen” Wohnungen aufwendig kaschiert werden. Unverputzte Wände, sichtbare Rohre und elektrische Leitungen, Flecken auf dem Fußboden, abblätternder Lack an den Schränken, all dies kennzeichnet den Industrial-Look. Denn der Industrial Stil versteht sich als ehrlich und authentisch. Perfektion ist hier fehl am Platz.
Welche Materialien dominieren den Industrial Stil?
- Stahl
- Eisen
- Aluminium
- Beton
- Backstein
- Holz
- Glas
Farbliche Akzente setzen
Backsteinwände, Betonböden, Leitungsrohre – der Industrial-Look bringt zwangsläufig eher triste Farben mit. Doch gegen das Einheitsgrau darf etwas getan werden. Mit kräftigen Farben wie Gelb, Rot, Blau oder Orange lassen sich stimmige Akzente setzen. Verfallen Sie dabei jedoch nicht in einen Farbenrausch. Dezente Akzente wirken umso intensiver. Gute Beispiele sind farbige Stühle, bunte Konturen am Sideboard oder Regal oder farbliche Akzente an den Fensterfronten.
Die passenden Leuchten finden
Der Industrial Stil verlangt nach viel Licht. Dabei werden die Lampen automatisch zum Hingucker und sollten natürlich zum Einrichtungskonzept passen. Am besten eignen sich auffällige Industrieleuchten aus Stahlblech, welche einen großen Reflektor besitzen und das Licht bündeln. Damit wird der Esstisch wunderbar in Szene gesetzt.
» Tipp: Haben Sie noch keine passende Industrieleuchte gefunden, die nackte Glühbirne repräsentiert den Stil ebenso.
Dekomuffel sind gefragt
Erst die Einrichtung, dann die Dekoration, für viele wird eine wahre Wissenschaft daraus. Deko-Fans haben beim Industrial Stil praktisch Sendepause, denn Spitzendeckchen oder verschnörkelte Vasen wären hier fehl am Platze. Bei der Dekoration geht es allein darum, das Raue, Unperfekte zu unterstreichen. Dies kann zum Beispiel durch Grünpflanzen geschehen, welche in alten Metalltöpfen oder Eimern aufgestellt werden. Erlaubt sind Teppiche, möglichst gebraucht und leicht abgetreten, schließlich soll die Optik an eine Werkhalle und nicht an ein Möbelhaus erinnern.
» Tipp: Alte Orientteppiche setzen stimmige Kontraste.
Kreativität und Stilbruch
Ist ein Stil geboren, muss er nicht geradlinig durchgezogen werden. Diesen Trend kennen wir von der Modewelt. Ein kreativer Mix ist erlaubt, hebt einzelne Elemente in den Fokus und hält wieder andere im Hintergrund.
Wagen Sie auch bei Ihrer Einrichtung einen Stilbruch und lassen dabei den Industrial Stil einziehen. Erlaubt ist, was gefällt. Dabei lassen sich besonders gut Industrial Look und Landhausstil vereinen. Damit sind auch Romantiker versöhnt. Den Metallgegenständen werden Kühle und Distanz genommen, wenn man sie mit warmen Holzmöbeln kombiniert.
Lassen Sie Ihre persönliche Note in die Einrichtung einfließen, ausgesuchte Designerstücke oder liebevoll auf dem Flohmarkt zusammengetragenes. Mit alten Blechtafeln, Landkarten oder Werkzeugen bekommt der Industrial Look seinen ganz eigenen Charme.
So lässt sich der Industrial Look in jede Wohnung transportieren:
- Weite schaffen
- klare Strukturen bevorzugen
- Makel nicht vertuschen
- Metall dominieren lassen
- natürliche Materialien einbringen
Küche im Industrial Stil
Das Wohnzimmer ist bereits im Industrial Stil gestaltet? Nun soll der Einrichtungstrend auch die Küche erobern? Die klaren Strukturen dürfen hier entschärft werden. Verschiedene Stühle mit unterschiedlichen Bezügen, dazu ein massiver und wuchtiger Holztisch, rustikale Schränke und nicht zu vergessen, Gegenstände aus Metall. Dabei können ein Schrank oder ein Regal gefunden werden. Sie befestigen eine Industrieleuchte über dem Esstisch und setzen auf Küchengeräte und Arbeitsplatten aus Metall. Lässt die Küche freiliegende Ziegelsteine vermissen, lässt sich auch hier mit Tapeten oder großflächigen Bildern arbeiten.
Beispiele für einen gelungenen Industrial Stil
Der Einrichtungsstil lebt von Geradlinigkeit und Funktionalität. Natürlich sollen Sie sich in Ihrem Zuhause auch wohlfühlen und nicht wirklich das Gefühl bekommen, in einer sterilen Fabrikhalle zu leben. Schaffen Sie daher einen ansprechenden Mix aus Altem und Neuem.
Möbel aus Paletten sind ein Trend, welcher sich sehr gut mit diesem Einrichtungsstil verträgt. Aus ausgedienten Lebensmittelkisten kann ein hübscher Couchtisch entstehen. Dazu passt ein gemütliches Sofa, bevorzugt aus Leder. Fotolampen sorgen für ausreichend Licht in der Leseecke. Die Lieblingslektüre kann in einem alten Metallregal oder in einem Spind verschwinden.
Setzen Sie auf massive Dielen oder Betonböden. Für den kleinen Geldbeutel ist auch Linoleum eine gute Lösung. Anschließend geben Sie der Einrichtung mit kräftigen Farben Charakter und schaffen mit dezenter Dekoration Wohlfühlatmosphäre.
Der Industrial Stil ist eine Einladung, kreativ zu werden und einen angesagten Einrichtungstrend für sich zu interpretieren. Dabei ist erlaubt, was gefällt.