Die Hefe gehört bereits seit über 4000 Jahren zu den Grundzutaten in der Küche. Schon die alten Ägypter und Babylonier nutzten den Hefepilz als Triebmittel für Backwaren sowie für die Fermentierung und Gärung von alkoholischen Getränken. Da sich Hefeteig außerdem sehr leicht vermehren lässt, ist er gerade in Zeiten der Lebensmittelknappheit von besonderer Bedeutung. Doch wie funktioniert die Hefevermehrung überhaupt und wie lässt sich der Hefeteig am besten aufbewahren? Der nachstehende Beitrag gibt Ihnen hierzu ein paar nützliche Tipps.
Hermann-Teig – Das Kultrezept zur Vermehrung von Hefe
Nahezu jede Schülergeneration kennt im Grunde bereits eines der besten Rezepte zur Hefevermehrung. Der auch als Hermannkuchen, Glückskuchen oder Franziskus-Brot bekannte Hermann-Teig landet als eine Art kulinarischer Kettenbrief bis heute in diversen Schulranzen. Darunter leidet nicht selten auch die Unversehrtheit der Schulhefte.
Denn der traditionelle Hefeteig á la Hermann geht nach dem Verschenken häufig sehr schnell auf und platzt dann gerne an Ort und Stelle aus seiner Aufbewahrungsbox. Was Eltern regelmäßig Kopfschmerzen ob zusätzlicher Reinigungsmaßnahmen beschert, zeigt jedoch auch einen ganz besonderen Vorteil von Hefe auf: Durch die schnelle Zellteilung der Hefepilze im Teig lässt sich nämlich binnen kürzester Zeit eine große Teigmenge züchten.
Rezept für Hermann-Teig:
- 100 Gramm Weizenmehl
- 1 Esslöffel Zucker
- 1/2 Päckchen Trockenhefe
- 150 Milliliter lauwarmes Wasser
Hermann-Teig ansetzen
Geben Sie das fein gesiebte Mehl in eine verschließbare Schüssel und vermengen Sie es mit dem Zucker und der Hefe. Anschließend gießen Sie Wasser hinzu und verrühren das Ganze von der Mitte aus mit einem Kochlöffel zu einem glatten Teig. Der Teigansatz sollte nun für zwei Tage an einem warmen Ort unter gelegentlichem Rühren gehen. Erst am dritten Tag kommt der Hermann-Teig in den Kühlschrank. Hier verbleibt er für 24 Stunden.
Am vierten Tag spricht man bei diesem Rezept von der „Geburt des Hermanns“. Der Teig ist nun fertig und wird in vier gleiche Teile zu je 200 Gramm aufgeteilt. Gemäß der Tradition sind nun zwei Teile zum Weiterschenken an Freunde oder Familienmitglieder gedacht. Ein dritter Teil dient dem Teigvorrat und wird daher eingefroren. Aus dem vierten Teil wird der Hermannkuchen ausgebacken.
Wichtig: Zur Herstellung und Aufbewahrung des Teigs sollten Sie einen Plastikbehälter verwenden. Metall isoliert den Hefeteig wesentlich schlechter und kann bei ungenügender Materialqualität auch Oxidationsprozesse in Gang setzen, die den Teig ungenießbar machen.
Hermann-Teig durch Füttern vermehren
Der Hermann entstand etwa zur selben Zeit wie die Friedens- und Ökologiebewegung der 1980er Jahre. Dementsprechend ist er Ausdruck einer nachhaltigen Lebensweise, die auf gemeinsamen Wohlstand durch Teilen setzt. So erklärt sich auch, dass die Vermehrung des Teiges nach dem Verschenken nahezu endlos weiter gehen kann. Das Einzige, was man dafür tun muss, ist den Hermann-Teig regelmäßig zu füttern.
Ursächlich für die wundersame Teigvermehrung ist diesbezüglich die symbiotische Wechselbeziehung zwischen Hefepilzen und Bakterien (v.a. Milchsäurebakterien) im Teigansatz. Beide Mikroorganismen ernähren sich von den Kohlenhydraten im Mehl und können sich so großzügig vervielfältigen. Die Bakterien bauen zudem Mehlstärke zu Zucker ab, der im Zuge der Teiggärung zu Alkohol und Kohlensäure zerlegt wird.
Sowohl die Kohlensäure als auch die Stoffwechselprodukte der Hefen sorgen dafür, dass der Teig aufquillt und schön porös-locker wird. Ebenso spielt die Symbiose zwischen Hefepilzen und Milchsäurebakterien für das Aroma des Teigs eine essenzielle Rolle.
Ganz ähnliche Vorgänge lassen sich auch bei der Herstellung von Kombucha beobachten. Das Teegetränk wird durch Fermentierung von mit Zucker gesüßtem Tee gewonnen, wobei für die alkoholische Gärung der als Teepilz bekannte Kombuchapilz zum Einsatz kommt. Um den Gärungsprozess im Hermann zu unterstützen und damit eine schnelle Teigvermehrung anzuregen, geben manche ihrem Teig deshalb einen Schuss Kombucha hinzu. Insgesamt gestaltet sich die Vermehrung von Hermann-Teig wie folgt:
1. Tag: Hermann muss ruhen
2. Tag: Umrühren
3. Tag: Umrühren
4. Tag: Umrühren
5. Tag: Der Hermann wächst und zieht in ein größeres Gefäß um. Im Anschluss wird er das erste mal gefüttert und zwar mit:
-
- 1 Tasse Mehl
- ½ Tasse Zucker
- 1 Tasse Milch (wahlweise Kombucha)
6. Tag: Umrühren
7. Tag: Umrühren
8. Tag: Umrühren
9. Tag: Umrühren
10. Tag: Der Hermann ist backfertig. Ehe man ihn ein weiteres Mal in vier Teile aufteilt und seiner finalen Bestimmung zuführt (Verschenken, Einfrieren oder Backen), wird er ein letztes Mal gefüttert mit:
-
- 1 Tasse Mehl
- ½ Tasse Zucker
- 1 Tasse Milch
Grundrezept für Hefeteig
Der Hermann-Teig ist ein gutes Grundrezept für Sauerteig und lässt sich für zahlreiche Formen von Hefegebäck verwenden. Allerdings ist er als eher süße Variante des Hefeteigs einzustufen und daher besser für Kuchen oder Süßgebäck geeignet. Wer mit Hefe dagegen eher mild süß bis neutral backen will, beispielsweise zur Herstellung von Brot, deftigen Hefeschnecken oder Rohrnudeln, fährt mit dem etwas weniger zuckerreichen Hefe-Grundrezept besser. Hierfür braucht man:
- 500 Gramm Mehl
- 1 Päckchen Hefe
- 1 Teelöffel Salz
- 80 Gramm Butter
- 80 Gramm Zucker
Zubereitung: Geben Sie zunächst das Mehl in eine Schüssel und formen Sie in der Mitte des Mehlhaufens eine kleine Mulde aus. Diese wird nun mit lauwarmer Milch aufgegossen. In die Milchkuhle kommen dann ½ Teelöffel Zucker und die leicht vorzerstückelte Hefe. Von innen nach außen mit dem umgebenden Mehl vermischt, ergibt sich so ein geschmeidiger Vorteig. Mit einem Tuch abgedeckt, muss dieser anschließend für ca. 15 Minuten an einem warmen Platz bei ca. 30 °C aufgehen.
Sobald der Teig auf doppelte Größe aufgegangen ist, fügt man den restlichen Zucker, Salz sowie warme Milch und flüssige Butter hinzu. Der Teig wird jetzt gut durch geknetet, bis er sich ohne Mühen aus der Schüssel löst. Lassen Sie den Teig danach abermals für 15 bis 20 Minuten gehen, bevor sie ihn weiterverarbeiten.
Die Vermehrung gelingt bei diesem Rezept wie beim Hermann-Teig problemlos durch das Anreichern von Teigresten mit Milch, Mehl und Zucker.
Hefe haltbar machen durch Einfrieren
Sowohl Hefewürfel als auch fertiger Hefeteig lassen sich ganz unkompliziert einfrieren. In der Gefriertruhe ist die Hefe mehrere Monate haltbar, was einen guten Vorrat für viele leckere Rezepte verspricht.
Beim Hermann-Teig ist vor dem Einfrieren der genaue Tag im Herstellungsprozess zu notieren. Immerhin muss die Weiterverarbeitung nach dem Auftauen an genau diesem Punkt wieder ansetzen. Wer den Hermann also am ersten Tag einfriert, muss den aufgetauten Teig später zunächst für ein paar Tage ruhen lassen und regelmäßig umrühren.
Tipp: Es ist ratsam, Hefe in kleinen Portionen bzw. Würfeln einzufrieren. Auch muss der Teig davor zumindest zwei Stunden vorquellen. Das Auftauen erfolgt dann bei Zimmertemperatur.
Wilde Hefe selbst herstellen mit Hefewasser
Alternativ zur Vermehrung von Hefeteig besteht auch die Möglichkeit, Hefe selbst herzustellen und zu vermehren. Das bietet sich vor allem dann an, wenn man keine Hefe im Haus hat oder sie vorübergehend nicht kaufen kann. Zu diesem Zweck stellt man ganz einfach sogenanntes Hefewasser her, das später mit Mehl vermengt zu einem herkömmlichen Hefeteig zubereitet werden kann.
Tipp: Hefewasser ist ein guter Alternative zur herkömmlich Hefe, da diese von vielen Menschen nicht vertragen wird.
Rezept für Hefewasser:
- 500 Milliliter stilles Mineral- oder Leitungswasser
- 1 ungeschwefelte Dattel
- 1 Teelöffel brauner Zucker oder Honig
- 1 steriles und ausgekochtes Schraub- oder Einmachglas
Geben Sie das Wasser gemeinsam mit der Dattel und dem Zucker in das keimfreie Schraubglas. Anstelle der Dattel können auch andere ungeschwefelte Trockenfrüchte (z.B. Rosinen oder Feigen) verwendet werden. Als nächstes schraubt man den Deckel des Glases nur leicht zu, damit der Inhalt weiterhin atmen kann.
Für die nächsten drei bis acht Tage muss der Ansatz an einem dunklen und warmen Ort bei etwa 25 bis 30 °C ruhen. Der Deckel ist einmal täglich zu öffnen, um einen guten Luftaustausch zu garantieren. Im Laufe der kommenden Tage beginnen die natürlich in den Trockenfrüchten vorkommenden Hefen damit, im Glas zu arbeiten und sich zu vermehren. Das lässt sich an einer regen Bläschenbildung an der Wasseroberfläche schön beobachten. Sobald das Wasser trüb geworden ist und nur noch wenige Bläschen wirft, ist das Hefewasser fertig.
Achtung: Ein etwas muffiger Geruch ist für wilde Hefe ganz natürlich. Allerdings kann es beim Herstellungsprozess wie bei jeder natürlichen Gärung zur Schlieren- oder Schimmelbildung kommen, die dann als gesundheitsschädlich einzustufen ist. Werdende Mütter, ebenso wie Menschen mit Immunschwäche sollten deshalb vom Gebrauch wilder Hefe absehen. Das Risiko einer hohen Keimbelastung ist umso höher, wenn das Glas nicht richtig ausgekocht wurde und deshalb Keimrückstände enthält. Es empfiehlt sich daher, mehrere Gläser Hefewasser gleichzeitig anzusetzen. Falls ein Ansatz nicht gelingt, sind dann immer noch weitere Proben vorhanden.
Wilde Hefe vermehren und aufbewahren
Hefewasser ist im Kühlschrank bis zu zwei Monate haltbar. Nicht gebrauchte Reste lassen sich ähnlich dem Hefeteig für einen neuen Ansatz verwenden. Dazu füllt man das Hefewasser kurzerhand mit frischem Wasser wieder bis auf 500 Milliliter auf und gibt erneut einen Teelöffel Zucker hinzu. Aus hygienischen Gründen sollten Datteln und Trockenfrüchte für die Vermehrung gegen frische Exemplare ausgetauscht werden.
Das schöne am Vermehren von Wilder Hefe ist, dass der zweite Ansatz wesentlich schneller heranreift als der erste. Weil sich bereits geringe Mengen fertiges Hefewasser im Glas befinden, ist der Folgeansatz meist schon nach zwei bis drei Tagen fertig. Besonders schnell gehen die Wildhefenreste auf, wenn sie vor dem Neuansetzen rechtzeitig aus dem Kühlschrank genommen und auf Zimmertemperatur erwärmt wurden.